die vergessenen Mütter
Heute ist Muttertag. Ich möchte heute an die Mütter denken, die von uns Menschen tagein tagaus brutalst misshandelt werden und an die nur jetzt während dieses Beitrags liebevoll gedacht wird – die Mutterkühe.
Im Beitrag zur veganen Käsealternative zum Überbacken hab ich geschrieben, dass mich ein Video dazu bewegt hat vegan zu werden. In diesem Video stellt sich eine Frau vor, indem sie uns auf Plakaten zeigt was ihr angetan wurde (Vergewaltigung, Kind weggenommen). Am Ende stellt sich raus, sie spricht für eine Kuh. Man sieht auch Sequenzen wie ein Bauer ein Kalb gewaltsam entreisst und die Mutterkuh verzweifelt hinter ihm herläuft. Nicht weil ich selbst Mutter bin, nein. Weil ich eine Frau bin. Weil ich mir vorstellen kann wie es ist, jährlich vom Bauern künstlich befruchtet zu werden, jedes Jahr ein Kind neun Monate auszutragen, welches ich dann nicht behalten darf. Noch während ich es zum ersten Mal ansehe nach einer schweren Geburt nimmt es der Bauer an sich, damit meine Muttermilch für mein Kind für eine artfremde Spezies genutzt werden kann. Was kann man einer Frau Schlimmeres antun? Die Behauptung Kühe würden nicht fühlen ist eine peinliche Lüge zur Rechtfertigung eines legalisierten und subventionierten Gewaltverbrechens, wie vieles andere in der Milch – Eier – und Fleischindustrie. Sowohl die Mutterkuh als auch das Kalb schreien tagelang nacheinander. Das ist keine nachgeplapperte Weisheit, das höre ich jährlich mit meinen eigenen Ohren. Wenn man die Bauern drauf anspricht, stellen sie sich blöd.
Auf diesem Bild sieht man die Kälberboxen in großen Farmen. Wer denkt, das gibts nur in Amerika, liegt falsch. Vielleicht nicht in dieser Größenordnung, aber auch bei uns sind diese Boxen in Gebrauch. Als wir im Jänner einen Kaninchennotfall auf einem Tiroler Bauernhof hatten, sah ich im Außenbereich (im Jänner, Minusgrade!) diese Boxen. Eines der Kälbchen darin hat gehustet.
Ich schreibe dies sehr emotional. Ich habe nach diesem Video zwei Tage lang geweint und mir wurde klar, dass ein vegetarischer Lebensstil eine Heuchelei ist. Dass ich damit an all der Ausbeutungsindustrie mit zahle. Weibliche Kälber werden zu Nutzobjekten, männliche werden sofort „abtransportiert“. Ja, es ist so wie es klingt. Sie werden durch Europa gekarrt, um irgendwo billig geschlachtet zu werden. Nicht selten hört man: Tiertransporter umgekippt, Tiertransporter an der Grenze festgehalten wegen Hitze und fehlender Trinkmöglichkeit, Tiere standen in zentimeterhohem Dreck, einige Kälber bereits verendet.. Ich habe sofort mit Kuhmlichprodukten aufgehört. Sofort. Kein Käse, keine Schokolade, kein Kuchen war es mir mehr wert weiterhin diese Tiere so zu missachten und missbrauchen. Aber es zerstört mich immer noch. Ich fahre täglich an Kälbern vorbei, denen dieses Schicksal droht. Es zieht mich immer zu ihnen hin, ich gebe ihnen Grünes, sie schlecken meine Hand ab da sie das Euter der Mutter vermissen. Ich versuche immer ihnen in diesen Minuten Liebe zu geben, und bilde mir ein sie spüren das. Bewahren kann ich sie nicht, ich müsste die Welt anhalten. Sag mir, wie das geht.
Letztes Jahr habe ich eine Tiefenökologie – Fortbildung gemacht. Uns wurde aufgetragen mit einem Gegenstand in der Natur zu meditieren. Während die anderen auf Bäume, Bäche oder Steine zusteuerten ging ich zu einer Kuhherde. Ich setzte mich direkt neben sie. Wütend kam auch schon die Mama und schnaubte mich an. Sie hatten das Glück sich auf einer Weide bewegen zu dürfen, was trotz Klischee die meisten in Tirol nicht haben. Es reicht laut Gesetz aus, dass der Bauer „Angst“ vor seinen Kühen hat, um ganzjährige Anbindehaltung zu rechtfertigen. „Bio“ heisst um Übrigen ein paar Zentimeter mehr Platz zum Kopf rechts drehen und links drehen und ein bisschen besseres Futter. Jedenfalls, die Mama Kuh wusste bescheid. Sie wusste alles, sie war auch schon mehrmals schwanger. Sie kannte mich nicht und war zurecht sehr böse auf mich. Ich saß einfach nur da und schaute sie an. Ein paar Mal dachte ich schon, sie greift mich jetzt an. Aber sie war nur wütend. Die Minuten vergingen. Sie schwenkte ihren Kopf nach rechts, nach links. Die Kälber kamen schauen, aber sie verscheuchte sie wieder. Nach einer Viertelstunde ließ ihre Wut nach. Sie war interessiert. Sie schaute mir neugierig in die Seele. Das war auch der Moment, in dem ich kippte. Ich musste wieder weinen und sagte zu ihr: Es tut mir sehr leid. Wenn ich könnte, würde ich allen sagen, sie sollen damit aufhören. Ich mache nicht mit, bitte verzeih mir, ich mache nicht mit. Nach einer halben Stunde hatte ich das Gefühl, dass sie mir vergeben hat. Sie wurde ganz ruhig und begann zu grasen. Ich stand auf und spazierte langsam zu der Gruppe zurück. Das war eine heilige Erfahrung.
Ein Bauer in unserer Nähe hat während der Almweidezeit eine Kuh wieder zurückholen müssen, weil sie von einer Schlange gebissen wurde. Da die Tierarztkosten mit der Zeit den Wert der Kuh überschritten haben (es ist so schrecklich) hat er sich entschieden, das Tier einschläfern zu lassen. Bevor dies passierte bin ich oft zu ihr in den Stall. Ich sagte ich möchte sie streicheln, dass sie mich als verrückt ansehen war mir egal. Es war ein so sanftmütiges wundervolles Geschöpf. Sie hatte Schmerzen und alles war beschwerlich für sie, sie war auch allein in dem großen dunklen Stall und jedesmal wenn ich kam, stand sie mühsam auf. Ich sagte immer zu ihr, sie soll bitte liegen bleiben und nicht wegen mir aufstehen. Das hat mir so leid getan. Sie hat mich angesehen und sie wusste es. Ich hab sie angefleht mir zu sagen was ich machen soll. Mein Kopf hat diese Tage gerattert, wie ich sie retten kann. Auch Geld hat nichts genützt. Ich konnte nichts machen denn ihre Seele war nicht „mein Eigentum“. Als der Tierarzt sie umgebracht hat, hab ich sie schreien hören. Was so klingt wie in einem dramatischen Film, ist leider die Realität. Ich habe in meinem Leben schon ein paar Tierseelen nicht retten können und denke immer noch an sie.
Es ist nicht nur das Einzelschicksal, dass mich so berührt. Es sind auch die Fakten. Für 1 kg Rindfleisch werden 16 kg Getreide und Soja verfüttert, mehr Treibhausgase erzeugt als bei einer 250 km Autofahrt, 50 qm Regenwald vernichtet und 20.000 Liter Trinkwasser verbraucht, sprich, ein Jahr lang täglich duschen. Es werden minütlich ! 124.000 Tiere geschlachtet, 65.525.000.000 jährlich (Versuchstiere, Jagd und Fischerei nicht inkludiert)1
Jemals auf der Erde gelebt haben seit der Steinzeit ca. 100 Milliarden Menschen. Es werden in eineinhalb Jahren mehr Tiere geschlachtet, als jemals Menschen auf diesem Planeten gelebt haben.2
Ob Milch gesund ist, damit beschäftigen sich jetzt auch schon die großen Medien und der in uns eingeimpfte und subventionierte Gedanke bröckelt. Sie verschleimt, Bauchweh, Verdauungsbeschwerden, sie stärkt nicht die Knochen, genau das Gegenteil ist der Fall.. wen wundert es? Wir sind keine Kälber. Ein Kalb muss in einem Jahr erwachsen werden, wir in 18. Die Inhaltsstoffe sind nicht gut für uns. Ganz abgesehen von den Antibiotika und der Qual, die der Milchtrinker mit zu sich nimmt.
Während dieses Beitrags hab ich wieder die ganze Zeit geweint. Ich verstehe nicht, warum das passieren darf und viele wegschauen. Dieses Schicksal ist nicht nur den Kühen vorbehalten. Es geht auch Schweinen, Schafen, Ziegen, Hühnern, Kaninchen, Wildtieren, Fischen, .. so. In einem der folgenden Beiträge werde ich über meine Erfahrungen in einer Schweinemastfabrik schreiben. Auch dort geschieht das Wunder der Natur, die im Kastenstand eingezwängte Mama sorgt sich um ihre Babies, die ihr kurz darauf genommen und ins Dunkle gesperrt werden bis sie 100 kg wiegen, um dann wie die Kälber abtransportiert zu werden. Es tut so weh, warum fühlen so viele Menschen nicht was die Tiere erleiden müssen?
Vegan aus Liebe.
Christina
1. Quelle: United Nations Food Agriculture Organisation
2. Quelle: Hilal Sezgin in „Die Zeit“