Aufblühen in Mallorca: Mandelblüte im Februar und die Villa Vegana
Tatsächlich mal umgesetzt – ein ganz kurzer Stopp im Alltag – und rein ins Abenteuer.
Zuhause liegt Matschschnee zwischen grauen und braunen Flächen und der Wind bläst auch noch, da haben wir uns nachts einfach davongeschlichen. Und als die Sonne aufging waren wir dort wo es um die 20 Grad warm ist, alles in Grün und Weiß erblüht und das Meer in seiner vollen blauen Schönheit einsam und alleine zischt – in Mallorca – im Februar – zur Mandelblüte.
Mein Beitrag wird kein Reisebericht, es wird ein Gefühlsbericht. Zuerst mal zu Mallorca selbst. Ich war ja 34 Jahre meines Lebens unglaublicherweise noch nicht dort, jetzt aber in einem halben Jahr gleich zweimal. Das erste Mal im August (Hubschrauberflugvideo hier). Da war ich schon auf mehreren Ebenen etwas verwirrt. Da ich Inseln bislang meistens nur mit dem Schiff angetuckert habe und einmal rundum gehen konnte, war es für mich ganz komisch beim Anflug auf Mallorca eine Autobahn zu sehen, die auch noch mehrspurig und stressig befahren wurde. Der Flughafen – ich dachte ich bin mit meinen FlipFlops in zehn Minuten draußen – passend zur Autobahn natürlich falsch gedacht, ein Gehatsche, welch Massen! Nunja, bis hierher ja nicht so meins. Wir waren im August auf der Suche nach einsamen Stränden. Auch da – falsch gedacht. Selbst wenn der Weg beschwerlicher war, man beispielsweise bei 40 Grad bergauf wanderte, überall waren Menschen, überall. Nichtsdestotrotz habe ich Mallorca schon im August für mich entdeckt, auch aufgrund der eher leichten Erreichbarkeit und der somit verbundenen unkomplizierten Möglichkeit möglichst schnell in eine andere Welt zu wechseln. Die Küsten haben mich fasziniert, vor allem die des Tramuntanagebirges. Auch im Nordosten, sprich, überall da wo es steil und wild ist. Was mir nicht gefällt sind die Orte in denen nur Strand und dahinter Restaurants und Ramsch – Läden sind, die Bettenburgen und die vielen vielen überfahrenen Tiere. Das tut alles weh zu sehen, vor allem wenn man gerade aus dem Wald kommt und dort Ziegen, Fasane und Singvögel getroffen hat.
Jetzt ist Februar. Die Luft klar, die ganze Insel grün, egal wie das Licht einfällt, es ist immer anders und immer wunderschön. Dazwischen die Felder mit den Mandelbäumen. Alle blühen weiß, der Boden darunter ist grün oder braun, Bilder wie gemalt. Man muss stehenbleiben um nur zu schauen. Unter den Bäumen sind Schafe, sie schauen zurück. Das erfreut mein Herz noch mehr. Allerdings habe ich gesehen, dass vielen der Schafe zwei Beine zusammengebunden sind, jeweils ein Vorder – und ein Hinterbein. Was auch immer das soll, was soll das? Gehts noch? Das macht mich sehr wütend und ich wünschte, ich hätte ein Schere dabei gehabt. Wenn man aufmerksam ist sieht man auch viele andere Tiere, jetzt wo die Insel noch relativ menschenleer ist. Wir waren diesmal in mehreren Naturparks und tatsächlich: Da läuft einfach so ein Fasan vor dir her. Der Wald ist mystisch, die Tiere sind vorsichtig aber mir scheint sie geniessen die Ruhe und wissen, dass sie sich in den nächsten Monaten wieder zurückziehen müssen. Da viele der Parks immer noch mit dem Auto befahrbar sind und ich an den August zurückdenke, mag ich mir ehrlich gesagt gar nicht vorstellen wie sehr sie in den Hochmonaten hier zurückgedrängt werden. Es tut auch weh zu sehen wenn in diesen Parks überfahrene Fasane und Rotkehlchen liegen. Wenn schon die ganze Insel vom Menschen eingenommen wurde, warum dürfen sie dann nicht einfach in diesen Bereichen ohne Getöse und Geschwindigkeiten sein und der Mensch hat sich an Regeln zu halten wie: nur zu Fuss durchgehen ohne Müll, Lärm und andere Schäden?
Wir sind an Bettenburgen vorbeigekommen die jetzt im Februar Geisterstädte sind. Herrlich! Wenn da jetzt noch Pflanzen hochranken und sich die Natur wieder zurückholt was ihr gehört, bin ich zufrieden. Ich hab gefunden was ich im August gesucht habe: Einsame Strände. Wahrlich, einsame Strände deren Schönheit zu gar nicht fassen ist. Und die Tatsache, dass du da jetzt wirklich allein stehst und dir dieses Geschenk zuteil wird! Dass das ganze Blau und die Gischt und die Luft und die Sonne nur für dich da sind. Auch wildes Meer hab ich gefunden. Wir wollten nach Sa Dragonera überfahren, aber das Meer war zu wild. Die Wellen die auf den Steg gepeitscht sind, nass bis auf die Unterhose und Salz auf den Lippen, das ist Abenteuer!
Geschlafen und gegessen haben wir in der Villa Vegana, ein veganes Gästehaus wunderschön auf einem Hügel vor Esporles nahe dem Tramuntana Gebirge gelegen, mit Blick auf die gesamte Insel und der Bucht von Palma. Es ist ein kleines Paradies auf Erden. Beim Eintreten schon öffnen sich die Panoramafenster mit einem Rundumblick, man möchte die Arme ausbreiten, tief einatmen und eigentlich genügt es für einen Urlaub, einfach nur dort zu bleiben. Stundenlang auf der Terrasse in der Sonne liegen und auf die Insel schauen, das ist schon Urlaub. Oder in einem der schönen Zimmer mit Blick auf den Sonnenaufgang aufwachen und die Morgenluft einatmen, das ist auch schon Urlaub. Ich hatte ja wie immer dreihundert Pläne für unseren Trip wo wir überall hin müssen.. aber in der Villa Vegana wird man sehr schnell etwas langsamer weil man sich schwer frühmorgens trennen kann und es schade findet, erst wieder bei Dunkelheit heimzukehren. Nicht nur aufgrund der Lage, auch wegen den Menschen dort. Geführt wird das Haus von Miriam und Jens und ihren Hundis und Katzis. Für mich war es eine besondere Erfahrung wo hinzukommen, wo ich sofort alle Menschen mag. Normalerweise ist das ja genau anders. Gewaltfreie Menschen, die aktiv etwas Wirkungsvolles, Überzeugendes erschaffen haben um das Leid zu lindern. Die einen verstehen, genauso fühlen und statt jammern tatsächlich etwas verändern. Abends am Tisch zusammen mit den anderen Urlaubern schaut dich niemand mit großen Augen an: „Was? Du isst kein Fleisch? Nichtmal Eier, wie geht denn das? Wozu? Also ich könnte das nicht. Das ist schon ein bisschen radikal, außerdem fehlt dir da sicher einiges.“ Alle essen von einem wirklich einzigartigen gewaltfreien Essen (sehr großes Lob an Jens und Miriam) und man kann alles, alles auf dem Tisch essen ohne zu fragen, was drin ist und damit wieder ungewollt die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Das war wirklich sehr erholsam und allem voran heilsam und sättigend, danke Miriam und Jens dass wir das erfahren durften mitten in unserer bäuerlichen verständnislosen und teilweise auch feindlich gesinnten Alltagsumgebung. Eins wird mir besonders in Erinnerung bleiben: Als am Tisch besprochen wurde wie viel Aufwand und Liebe in diesem Essen steckt, sagte mein Sohn: „Jedenfalls: Miriam tanzt in der Küche, ich habs gesehen!“
Mein Hirn rattert nun schon wieder, wann ich den nächsten Villa Vegana escape-from-workaday-life Trip einbauen könnte, es gibt ja noch einiges zu entdecken auf der großen Insel mit den Autobahnen und den Rotkehlchen. Ich möchte eine große veganinchen Urlaubsempfehlung für die Villa Vegana aussprechen und vermisse die Tiere und Menschen und das Gefühl dort jetzt schon.